Was hat emotionales Essen mit Trauma zu tun?
Hast du dich schon mal gefragt, warum du in stressigen Momenten plötzlich zur Schokolade greifst – obwohl du gar keinen richtigen Hunger hast? Oder warum du nach einem Konflikt unbedingt etwas „Leckeres“ brauchst, um dich zu beruhigen? Dann bist du nicht allein.
In meiner Arbeit als Trauma-Coach begegnet mir dieses Thema regelmäßig – und es hat viel tiefere Ursachen, als du vielleicht denkst. Emotionales Essen ist oft ein Versuch deines Nervensystems, sich zu regulieren – besonders dann, wenn in deinem Leben unverarbeitete Bindungs- oder Entwicklungserfahrungen wirken.
In diesem Artikel erfährst du, was Trauma mit deinem Essverhalten zu tun haben kann – und wie du dich selbst besser verstehen kannst.
Emotionales Essen ist eine Kompensationsstrategie – keine Schwäche
Trauma – mehr als ein Unfall oder Schock
Wenn du das Wort „Trauma“ hörst, denkst du vielleicht an einen Unfall oder ein schlimmes Erlebnis. Aber neben diesen sogenannten Schock-Traumata gibt es auch die viel häufiger vorkommenden Entwicklungs- bzw. Bindungstraumata. Diese entstehen durch wiederholte Erfahrungen von emotionalem Mangel, Ablehnung oder Überforderung in der Kindheit und können tiefe Spuren im Nervensystem hinterlassen.
Das implizite Gedächtnis (Körpergedächtnis) speichert unbewusste Erfahrungen, wie Gefühle, Körperreaktionen und erlernte Muster – besonders aus der frühen Kindheit.
Mögliche Auslöser im Kindesalter
Folgende, sich wiederholende Erfahrungen emotionaler Verletzungen in der Kindheit und Jugend können zu emotionalem Essen führen:
nicht gesehen oder gehört zu werden,
emotionale Kälte,
nicht zulassen von Gefühlen (Wut, Traurigkeit, Freude etc.)
überhöhte Erwartungen,
häufiges aus dem Kontakt gehen,
mangelnde Sicherheit oder Co-Regulation durch Bindungspersonen.
Solche Erfahrungen sind (für Kinder) überwältigend und führen häufig dazu, dass sie schon in ganz jungen Jahren damit beginnen, sich von sich selbst und ihren Gefühlen abzuspalten.
Frühkindliche Bindungserfahrungen und der Umgang mit Gefühlen in der Familie spielen eine zentrale Rolle.
Es ist wichtig, dass wir alle Gefühle in uns und die Gefühle in unseren Kinder annehmen und einen Umgang damit finden bzw. dies lernen.
Die Folgen im Erwachsenenalter
Diese frühen Erfahrungen prägen das Nervensystem – und können dazu führen, dass sich die Menschen als Erwachsene dann häufig innerlich
unsicher,
gestresst oder
„nicht genug“ fühlen.
Dies kann dazu führen, dass sich die abgespaltenen und unverarbeiteten Gefühle im Innern dann als scheinbar unerklärliches Verhalten, wie emotionales Essen zeigen.
Kompensation statt Regulation
Viele Menschen mit Traumaerfahrungen haben keine gesunde Form der Selbstregulation von ihren Bindungspersonen gelernt.
Aus Sicht des Nervensystems ist emotionales Essen ein Versuch der Selbstregulation. Wenn wir überfordert, gestresst oder innerlich leer sind, signalisiert unser Nervensystem einen Mangel an Sicherheit. Der Körper sucht dann nach einem Mittel, um sich zu beruhigen – und Essen ist dafür eine schnelle, leicht verfügbare Möglichkeit.
Gerade Zucker und Fett aktivieren das Belohnungssystem im Gehirn und können kurzfristig beruhigend und tröstend wirken. Doch sie überdecken nur, was eigentlich gesehen werden möchte: das alte, oft unbewusste Gefühl von Schmerz, Einsamkeit oder Ohnmacht.
Essen beruhigt. Es besänftigt den inneren Alarm und wird zum „Ersatz für Selbstregulation und Bindung “.
Wenn du isst, obwohl du keinen physischen Hunger hast, dann geschieht das häufig, weil dein System einen inneren Mangel kompensieren will.
Scham und Schuld verstärken das Muster
Viele Menschen, die emotional essen, kennen intensive Gefühle von Scham und Selbstverurteilung. Sie glauben, willensschwach zu sein oder sich „nicht im Griff zu haben“. Doch genau diese inneren Überzeugungen können selbst traumabedingt sein – etwa, wenn wir als Kind oft gehört haben:
„Stell dich nicht so an“,
„Iss deinen Teller leer“, oder
„Du bist zu viel“.
Daraus resultieren innere Glaubenssätze wie:
„Ich bin falsch“,
„Ich bin schuld“,
„Ich darf keine Bedürfnisse haben“
die bis heute wirken und das Essverhalten mit antreiben.
Der Schlüssel liegt also nicht in strengen Diäten oder Kontrolle, sondern im liebevollen Verstehen und dem achtsamen Begleiten dieser alten Wunden.
Befreie dich vom emotionalen Essen – und entdecke, was dein Herz wirklich nährt.
Wie traumasensibles Coaching bei emotionalem Essen helfen kann
Ein traumasensibler Umgang mit emotionalem Essen bedeutet:
Verstehen lernen, welche Gefühle und Bedürfnisse eigentlich unter dem Essimpuls liegen
Das Nervensystem regulieren, z. B. durch Atmung, körperorientierte Übungen, oder achtsame Bewegung
Innere Anteile begleiten, die Schutzstrategien wie Essen entwickelt haben
Mitgefühl statt Selbstverurteilung entwickeln – denn jede Strategie hatte einmal einen guten Grund
Ressourcen stärken, die echte Sicherheit und Verbindung ermöglichen
Finde wieder zu einem liebevollen Umgang mit dir und dem Essen.
Wenn du dir Unterstützung auf dieser Reise wünschst, melde dich gern!